Wenn wir als Mensch mit einem Pferd zu tun haben, dann haben wir immer die Wahl: Wollen wir das Pferd als Sklaven oder als Freund? Wollen wir es zwingen oder wollen wir Kooperation?
Ich kann mein Pferd meistens sehr unproblematisch zu bestimmten Bewegungen zwingen, in dem ich ihm Schmerzen androhe oder zufüge. Dazu gibt es unfasslich viele verschiedene Hilfsmittel zu kaufen, für wenig Geld erschwinglich. Der Markt boomt. Da das Pferd diese Bewegungen aber nicht freiwillig macht sondern unter Angst, verspannt es sich dabei. Die Losgelassenheit geht verloren, genauso wie die Freude an der Interaktion. Eine feine Einwirkung ist nicht möglich.
Ich kann mein Pferd aber auch davon überzeugen, dass es wirklich sinnvoll ist aus seiner Sicht mit mir zu kooperieren. Es bewegt sich dann freiwillig um mit mir zu interagieren. Dann reicht wenig Energie aus, um die gewünschte Reaktion zu bekommen. Pferde, die kooperieren, haben Respekt vor dem Menschen gelernt. Sie achten auch in brenzligen Situationen auf mich. Im Zusammensein fühlen solche Pferde Respekt, Vertrauen, Freude, Spiel, Spannung und Entspannung. Ich als Mensch habe die gleichen Gefühle, vor allem Freude und Respekt vor dem Pferd und dem, was ihm wichtig ist. Um erkennen zu können, was meinem Pferd gerade wichtig ist, muss ich verstanden haben, wie Pferde ticken.
Das Pferd ist ein Fluchttier, ein Beutetier und ein Pflanzenfresser. Diese drei Themen sind zentral im Leben eines Pferdes. Es beschäftigt sie mehr oder weniger dauerhaft. Im Herdenverband haben sie ihr Sozialverhalten hoch entwickelt und sind in der Lage jede Menge Informationen auszutauschen, körpersprachlich. Es gibt nur wenig Forschung auf diesem Gebiet. Pferde leben in klaren natürlichen Hierarchien, die gekennzeichnet sind davon, dass alle Beteiligten damit zufrieden sind und entspannen können. In diesen Hierarchien gibt es Über- und Unterordnungsverhältnisse. Der Übergeordnete führt den Untergeordneten. Der Untergeordnete lässt sich führen. Der Übergeordnete trifft die Entscheidungen – nicht nur für sich selbst, sondern auch für den anderen, denn er braucht den anderen zum überleben. Der Untergeordnete stellt diese Entscheidungen nicht in Frage, denn er hält den anderen für kompetenter. Eine Pferdeherde organsiert sich natürlicherweise so, dass es allen Mitgliedern gut geht.
Im Gegensatz zu vielen anderen Spezies akzeptiert das Pferd den Menschen als Herdenmitglied – und will sofort bei der ersten Begegnung wissen, wer hier wen führt. Das Pferd stellt eine Frage – körpersprachlich. Für das Pferd ist es überlebensnotwendig zu wissen, wer wen führt. Wir Menschen antworten körpersprachlich – immer. Wir können nicht nicht kommunizieren. Wenn das Pferd dem Menschen die entsprechende Kompetenz zutraut, dann wird es folgen und kooperieren.
Wenn ich mein Pferd als Freund möchte, dann stelle ich meine Beziehung auf die stabilen Säulen von gegenseitigem Respekt und Vertrauen. Das sind wunderschöne Gefühle. Dann begegne ich meinem Pferd auf Augenhöhe und arbeite daran unsere gemeinsame Sprache zu verfeinern. Dann ist es mir wichtig, was es mir zu sagen hat, damit ich seine Bedürfnisse wahrnehme. Pferde wollen genau so verstanden werden wie wir Menschen auch. Je mehr Bitten wir einem Pferd erfüllen, desto gesprächiger wird es werden, desto tiefer kann die Verbindung werden.
Je tiefer und vertrauter meine Beziehung zu meinem Pferd ist, desto harmonischer werden unsere gemeinsamen Bewegungen.
Da Menschen sich naturgemäß nicht von einem Pferd führen lassen wollen, möchte ein Pferd sich naturgemäß gerne von einem Menschen führen lassen.
Lerne, wie Du Kompetenz beweisen kannst!
So habe ich Horsemanship immer verstanden. Die meisten Menschen jedoch scheinen etwas anderes darunter zu verstehen.